Sonntag, 9. November 2008

Sarajevo

Eine Woche voller neuer Eindrücke, Bekanntschaften und des Gedankenaustauschs liegt nun hinter mir und ich bin trotzdem froh wieder in Bar zu sein.
Letzte Woche Samstag fuhr ich bei ca. 25 Grad um sechs Uhr früh mit dem Bus nach Sarajevo. Dies war einer der landschaftlich schönsten Busfahrten, die ich bis jetzt unternommen habe: Die ganze Zeit war ich von den Bergen umgeben und schaute auf die Taraschlucht.
In Sarajevo angekommen, verbrachte ich das Wochenende dann in einer italienischen WG und war somit auch die ganze Zeit mit Italienern zusammen. Am Sonntag beschlossen wir dann mit einer großen Gruppe aus Italienern zu einem Wasserfall zu wandern. Als wir dann endlich den Wasserfall erreichten war ich ein wenig enttäuscht, denn es handelte sich doch nur um einen recht kleinen Wasserfall. Somit war dann das beste des Tages das Abendessen in einer kleinen Hütte am Rande des Wanderweges. Hier gab es keine Elektrizität, sodass wir das traditionelle bosnische Essen bei Kerzenschein und Gesang genießen konnten.
Den Montag verbrachte ich dann größten Teils alleine und besichtigte die Altstadt. Und diese ist wirklich einen Ausflug wert! Hier stehen katholische Kirchen neben orthodoxen und Synagogen neben Moscheen. So kommt es manchmal vor, dass gleichzeitig die Glocken der Kirchen läuten und der Muezzin zum Gebet ruft. Und in der Altstadt kann man sich herrlich in den zahlreichen kleinen Gassen verirren und den Händlern beim Herstellen ihrer Souvenirs beobachten.
Zum Mittag durfte ich dann auch eine Synagoge besichtigen und anschließend leckeres Kantinenessen genießen. Gegen Abend fuhr mich dann Emilio, einer der vielen Italiener in Sarajevo, zum Hotel Hollywood, wo das Training für die Freiwilligen, die ihren europäischen Freiwilligendienst auf dem Balkan tätigen, stattfand. Ich bin ein bisschen traurig, dass ich das Hotel wieder verlassen musste, denn wir hatten sogar einen Whirpool im Badezimmer und die Betten waren riesig.
Während der vier Tage des Trainings unterhielten wir uns viel über bestehende Probleme und wie wir sie lösen können. Während der Pausen gab es viel Zeit für intensive Gespräche, wie es den anderen Freiwilligen bisher ergangen war. Denn die meisten der ca. 40 jungen Menschen kamen wie ich vor anderthalb Monaten auf dem Balkan an. Das schöne an dem Seminar war auch die kulturelle Vielfalt und unsere unterschiedlichen Lebenserfahrung: Ich war die drittjüngste und die meisten hatten schon ihr Studium beendet. Zudem war ich die Woche größtenteils von französisch oder spanisch umgeben. Ansonsten gab es noch Freiwillige aus Belgien, den Niederlanden, Portugal, Griechenland, Polen, Österreich, Deutschland und Tschechien. Gottseidank gab es nur noch ein Mädchen aus Deutschland, denn ich ziehe es im Moment lieber vor Englisch zu sprechen. Ich bin viel zu sehr an Englisch gewöhnt und kann gar keine grammatikalischen Sätze mehr bilden. Am Ende habe ich dann doch versucht wieder deutsch zu sprechen, was mir aber nach wie vor nicht einfach viel.
Insgesamt muss ich sagen, dass das Training sehr hilfreich für mich war und dass ich hier einiges ändern werde. So werde ich zum Beispiel die Kindergärtnerin zwingen mit uns serbisch zu sprechen. Und falls wir irgenwann mal Urlaub nehmen können, habe ich auf jeden Fall genügend Kontakte in Mazedonien, Serbien, Bosnien, Kosovo und Kroatien. Während des Trainings habe ich auch gemerkt, dass ich nicht die einzige bin, die ihre Familie und Freunde so sehr vermisst, was mir sehr geholfen hat. Somit vergingen 5 Tage mit „lustigen“ Spielen aber auch ernsthaften Diskussionen über den Kosovo und den Krieg. Somit denke ich nun ernsthaft über eine neue Studienrichtung nach. Irgendwas mit Politik und Spezialisierung Balkan oder Slawistik. Ich brauch mal eine Studienberatung.Während der Rückfahrt realisierte ich dann, wie sehr ich mich wieder auf Bar und Anna freute. Sie bereite für mich Zimtschnecken vor und sie wollte mich vom Bus abholen. Da dieser aber überraschend direkt zum Busbahnhof fuhr, blieb mir nichts anderes übrig als ein Taxi zu nehmen. Der Taxifahrer erzählte mir das gleiche wie eine Woche zuvor und war nach wie vor stolz auf sein deutsches Auto und seine Frau namens Armenia. Oder vielleicht kommt sie auch aus Armenien und hat irgendwelche Verbindungen zu Deutschland. Zuhause angekommen wurde ich dann von Anna und einem neuen Couchsurfer begrüßt und genossen den Abend in unserer Stammpizzeria.

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